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Elternängste überwinden – 7 Strategien für weniger Sorgen & mehr Vertrauen

„Was, wenn mein Kind auf dem Schulweg einen Unfall hat?“

„Was, wenn es keinen guten Beruf findet?“

„Was, wenn es an der neuen Schule ausgegrenzt wird?“

Bestimmt kommen Ihnen solche Gedanken als Mutter oder Vater bekannt vor. Und das ist auch gut so, schließlich wollen Sie für Ihr Kind sorgen und nur sein Bestes. Allerdings können Ihre Ängste und Sorgen auch zum Problem werden. Nämlich dann, wenn sie Ihren Alltag bestimmen und sich negativ auf Ihr Leben und das Leben Ihres Kindes auswirken.
In diesem Artikel erkläre ich Ihnen, wie elterliche Ängste und Sorgen entstehen und zeige Ihnen sieben Wege, sie zu überwinden.

Inhalt

1. Woher kommen meine Ängste?
2. Warum ist es wichtig, an meinen Ängsten zu arbeiten?
3. Wie kann ich meine Ängste überwinden?
4. Angstbewältigung als Lernprozess – Fazit

Woher kommen meine Ängste?

In der Regel gibt es nicht die eine Erklärung, denn es spielen verschiedene Faktoren zusammen. Das sogenannte Diathese-Stress-Modell unterscheidet dabei zwischen verursachenden Bedingungen, auslösenden Einflüssen und aufrechterhaltenden Faktoren:

Verursachende Bedingungen

Sie erhöhen Ihre grundsätzliche Anfälligkeit, sich schneller Sorgen zu machen: genetische Faktoren spielen eine Rolle, wobei die Erblichkeit von Ängsten laut wissenschaftlichen Untersuchungen weitaus weniger Einfluss hat als die Erfahrungen, die Sie im Laufe Ihres Lebens gemacht haben:
(Quelle)

Ursache: Geringes Selbstvertrauen durch kritische Eltern

Möglicherweise wurde Ihnen als Kind wenig Selbstvertrauen mitgegeben. Wie im Beispiel von Frau T., die von ihrer Mutter häufig kritisiert und nur selten gelobt wurde. Daraus ist bei ihr der Glaube entstanden, ständig etwas falsch zu machen. So auch bei der Erziehung ihrer zehn Monate alten Tochter. Wenn es ihrer Tochter schlecht geht, sucht Frau T. oft die Schuld bei sich. Sie hinterfragt viele ihrer Entscheidungen und hat selten das Gefühl, eine Sache gut zu machen.

Ursache: Geringes Selbstvertrauen durch ängstliche Eltern

Oder waren Ihre Eltern selbst eher ängstlich und unsicher, haben Sie oft vor Gefahren gewarnt oder Ihnen wenig zugetraut? Als Kind haben Sie dieses Verhalten beobachtet und übernommen.

Ursache: Negative Erfahrungen mit der angstbesetzten Situation

Vielleicht gab es auch ein negatives Ereignis, das Ihnen oder anderen passiert ist und Sie geprägt hat. So ging es mir vor einigen Wochen: Ich muss manchmal spät abends durch einen Tunnel gehen. Das hat mir überhaupt nichts ausgemacht, bis ich erfahren habe, dass vor einigen Jahren jemand im Tunnel ausgeraubt wurde. Mittlerweile wurde dort eine Videoüberwachung eingerichtet. Trotzdem ist mir seit dem etwas mulmig zumute.

Ursache: Persönlichkeitsmerkmale

Wie viele Sorgen Sie sich machen, hängt auch von Ihrer Persönlichkeit ab. Insbesondere von dem sogenannten Persönlichkeitsmerkmal Neurotizismus, das auf den Psychologen Hans Jürgen Eysenck zurückgeht.

Menschen mit einem hohen Neurotizismuswert werden tendenziell schneller nervös und unsicher als andere, reagieren empfindlicher auf Stress und sind öfter traurig. Zwar ist Ihre Persönlichkeit relativ stabil, dennoch haben Sie eine Menge Möglichkeiten, Ihre Ängste zu beeinflussen! Mehr dazu erfahren Sie im Abschnitt „Wie kann ich meine Ängste überwinden?“.

Auslösende Einflüsse

Ist Ihre Anfälligkeit durch einen oder mehrere der genannten Faktoren erhöht, können belastende Lebensumstände zusätzlich zur Entstehung von Ängsten und Sorgen beitragen. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Krankheiten in der Familie

  • Eine (kompliziert verlaufende) Schwangerschaft oder Geburt

  • Trennungen oder Scheidungen

  • Jobverlust, finanzielle Schwierigkeiten

  • Veränderungen im Umfeld Ihres Kindes, zum Beispiel durch Umzug oder Schulwechsel

Allerdings muss es sich nicht immer um ein einschneidendes Erlebnis handeln. Haben Sie viel Stress im Alltag und einen besonders hohen Anspruch an sich selbst? Oder sind Sie schon lange unzufrieden mit dem Familienklima, haben Sie oft Streit oder das Gefühl, gar nicht richtig an Ihr Kind heranzukommen?

Aufrechterhaltende Faktoren

Die Erfahrungen, die in der Vergangenheit zur Entstehung Ihrer Ängste geführt haben, können Sie natürlich nicht mehr rückgängig machen. Aber Sie haben in der Hand, wie sehr Sie Ihr Leben heute noch von Ihren Ängsten und Sorgen bestimmen lassen:

Ihre Ängste werden größer und stärker, je mehr Sie sie füttern.

Frau liegt im halbschattigen Raum zwischen Pappkisten und hält sich die Hände vors Gesicht
Foto von cottonbro studio

Angenommen, Sie gehen nicht mehr mit ihrem Sohn auf den Spielplatz, weil er einmal von der Schaukel gefallen ist. So verfestigt sich Ihre Überzeugung, Spielplätze seien zu gefährlich und Sie können keine gegenteiligen Erfahrungen machen.

Warum ist es wichtig, an meinen Ängsten zu arbeiten?

Wenn Sie lernen, mit Ihren Ängsten umzugehen, hat das zahlreiche positive Auswirkungen auf Ihr Kind und das Miteinander in der Familie:

1. Sie sind Ihrem Kind eine bessere Stütze.

Wenn Ihre Ängste und Sorgen sehr stark sind oder schon lange anhalten, kann Sie das in vielen Bereichen Ihres Lebens einschränken. Vielleicht schlafen Sie schlechter und sind dadurch tagsüber unkonzentrierter und reizbarer. Deshalb geraten Sie schneller in Streit, werden ungeduldig oder haben Schwierigkeiten, Ihrem Kind genug Aufmerksamkeit zu schenken.

Je mehr Sie mit sich im Reinen sind, desto sicherer und geborgener fühlt sich Ihr Kind bei Ihnen.

2. Sie ermöglichen Ihrem Kind mehr Dinge, die ihm gut tun.

Setzen Sie Ihrem Kind aus Angst viele Grenzen oder sind in Ihrer Erziehung sehr vorsichtig? So geht es auch Frau F., die ihrer Tochter nicht erlaubt, zu anderen Kindern nach Hause zu gehen, aus Sorge, die Tochter könnte sich dort nicht wohlfühlen. Deshalb ist ihre Tochter viel seltener mit anderen verabredet als ihre Klassenkameraden und hat nur wenige Freunde.

3. Sie haben ein entspannteres Verhältnis zu Ihrem Kind.

Je mehr Grenzen Sie Ihrem Kind setzen, desto mehr Streit ist vorprogrammiert. Selbstverständlich ist es notwendig, dass Ihr Kind sich an gewisse Vorgaben halten muss. Doch diese sollten immer altersgerecht und vor allem zum Wohl des Kindes sein.

4. Ihr Kind lernt von Ihrem Verhalten.

Als Mutter oder Vater sind Sie ein wichtiges Vorbild. Gerade wenn Ihr Kind noch klein ist, lernt es Dinge vor allem dadurch, dass es Sie beobachtet. Wenn Sie sich selbst wenig zutrauen, kann bei Ihrem Kind der Glaube entstehen, dass es wichtig im Leben ist, sich möglichst zurückzuhalten. Das kann zur Folge haben, dass es hinter seinen eigentlichen Möglichkeiten zurückbleibt, weil es zum Beispiel Schwierigkeiten hat, auf andere zuzugehen oder eine eigene Meinung zu entwickeln.
Je offener Sie selbst Herausforderungen begegnen, desto eher wird das also auch Ihr Kind tun.

5. Ihr Kind wird selbstständiger.

Ihr Kind lernt aber nicht nur durch Ihr Verhalten, sondern auch durch eigene, wertvolle Erfahrungen. Erfahrungen, die es nicht machen kann, wenn Sie ihm aus Angst vieles abnehmen.

Anna wird seit vielen Jahren zur Schule gefahren, weil ihr Vater nicht möchte, dass sie alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist. Wenn Anna mit der Schule fertig ist, würde sie am liebsten in eine andere Stadt ziehen. Doch die Vorstellung, sich dort alleine zurechtfinden zu müssen, bereitet ihr großes Unbehagen.

Begleiten Sie Ihr Kind Schritt für Schritt zu mehr Eigenständigkeit, damit es als Erwachsener nicht komplett ins kalte Wasser springen muss und sich überfordert fühlt.

Mutter und Sohn backen Pfannkuchen. Sohn sitzt auf Anrichte und gießt Teig in die Pfanne, Mutter hält Pfanne und leitet die Kelle vom Sohn.

6. Sie können sich stärker auf sich selbst konzentrieren.

Kreisen Ihre Gedanken ständig um Ihr Kind, haben Sie kaum Zeit und Energie für Ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse. Das führt dazu, dass Sie sich zunehmend unausgeglichen und unzufrieden fühlen, was sich negativ auf das gesamte Familienklima auswirken kann.

Wie kann ich meine Ängste überwinden?

Sie haben also viele gute Gründe, etwas gegen Ihre Ängste zu tun. Und dazu haben Sie mindestens genauso viele Möglichkeiten!

1. Glauben Sie nicht alles, was die Angst Ihnen sagt!

Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Ihre Sorgen nur Gedanken in Ihrem Kopf sind und mit großer Wahrscheinlichkeit in dieser Form gar nicht eintreten. Überlegen Sie einmal, was von dem, was sie schon befürchtet haben, wirklich passiert ist. Und vor allem, was alles nicht passiert ist!

2. Gehen Sie spielerisch mit Ihren Gedanken um.

Oft ist es gar nicht so leicht, seine Ängste und Sorgen einfach mal hinter sich zu lassen. Auch bringt es langfristig wenig, sie zu unterdrücken: Irgendwann tauchen sie wieder an der Oberfläche auf. Wie ein Wasserball, den Sie vergeblich versuchen, zu versenken. In meinem Artikel zum Thema „Vergangenheit loslassen“ erkläre ich die sogenannte Wasserball-Metapher genauer.

Lernen Sie stattdessen, sich spielerisch von Gedanken zu distanzieren, die Ihnen in Ihrer aktuellen Situation nicht weiterhelfen:

Einige meiner Klienten stellen sich ihre Gedanken wie Züge vor. Sie selbst stehen am Bahnhof und entscheiden, welche Züge sie zu ihrem Ziel bringen und in welche sie lieber nicht einsteigen möchten.

Das bedeutet: Zwar können Sie nicht immer beeinflussen, welche Gedanken Sie haben, aber dafür umso mehr, auf welche davon Sie reagieren und welche Sie links liegen lassen wollen.

Menschen stehen auf einem Bahnsteig und gucken abfahrendem Zug hinterher
Foto von Ehimetalor Akhere Unuabona auf Unsplash

Eine meiner Klientinnen stellt sich ihre Gedanken lieber wie Flugzeuge vor, weil sie nicht gerne Zug fährt. Und wieder eine andere wie Radiosender, die sie sich entweder anhören oder umschalten kann.

Suchen Sie sich eine Metapher, mit der Sie gut arbeiten können. Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!

3. Relativieren Sie Ihre Ängste durch Erfahrungen.

Eins der besten Mittel, Ihre Ängste zu bekämpfen, ist sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Erinnern Sie sich noch an Frau F., die ihre Tochter nicht zu anderen Familien lassen möchte, weil es ihr dort nicht gefallen könnte?

Was aber, wenn ihre Tochter bei anderen Kindern eigentlich richtig glücklich wäre?

Um das herauszufinden, lässt Frau F. sich im Verlauf unserer Beratung darauf ein, ihre Tochter ab und an zu anderen Eltern zu bringen. Ein halbes Jahr später hat ihre Tochter zwei neue Schulfreundinnen.

4. Machen Sie einen Plan für den Fall, dass Ihre Sorgen wahr werden.

Oft drehen wir uns mit unseren Sorgen im Kreis, weil wir sie nicht zu Ende denken. Für Frau F. war der Gedanke, dass ihre Tochter sich bei anderen nicht wohlfühlen könnte so schlimm, dass sie am liebsten nicht weiter darüber nachdenken wollte. In der Beratung bei mir haben wir gemeinsam erarbeitet, was sie in so einem Fall tun könnte. Das hat ihr mehr Sicherheit gegeben.

Überlegen Sie sich so konkret wie möglich, wie Sie damit umgehen können, sollte Ihre Befürchtung tatsächlich eintreten.

5. Achten Sie stärker auf positive Signale Ihres Kindes.

Wir Menschen neigen dazu, Informationen, die mit unserer Meinung übereinstimmen unbewusst höher zu bewerten als solche, die dem widersprechen. Der Grund: Unserem Gehirn fällt es leichter, Dinge aufzunehmen, die zu unseren gewohnten Denkmustern passen. In der Psychologie sprechen wir vom sogenannten Bestätigungsfehler bzw. Confirmation Bias.

Machen wir uns Sorgen, fokussieren wir uns auf alles, was mit unseren Gedanken übereinstimmt und blenden gegenteilige Hinweise eher aus.

Gleichen Sie Ihre Befürchtungen mit dem ab, was Sie tatsächlich an Ihrem Kind beobachten. Achten Sie darauf, dass Sie nicht nur auf Dinge schauen, die Ihre Sorgen bestätigen, sondern auch auf solche, die sie abmildern.

Frau T. glaubt, dass Sie bei ihrer zehn Monate alten Tochter ständig etwas falsch macht. Ich habe ihr die Hausaufgabe gegeben, sich mehrmals am Tag anzuschauen, wie sich ihre Tochter ihr gegenüber verhält. „Sie hat sehr viel gelacht“, erzählt Frau T. eine Woche später. „So viel falsch gemacht habe ich wahrscheinlich gar nicht.“

Mutter hebt Kind in die Luft, Kind lacht und freut sich
Foto von Thiago Cerqueira auf Unsplash

6. Schenken Sie dem gegenwärtigen Moment mehr Aufmerksamkeit.

Können Sie manche Dinge gar nicht richtig genießen, weil Ihre Sorgen Sie davon abhalten? Während Sie mit Ihrem Kind eine Sandburg bauen, Fußball spielen oder Kekse backen, sind Sie mit den Gedanken ganz woanders. Dabei können solche Momente Ihr Leben und die Beziehung zu Ihrem Kind unglaublich bereichern!

Lernen Sie also, mehr im Hier und Jetzt zu sein! Dazu gibt es eine Menge tolle Übungen, die Sie leicht in Ihren Alltag unterbringen können. Die Übungen basieren auf dem Prinzip der Achtsamkeit nach Jon Kabat-Zinn:
Dabei geht es darum, den gegenwärtigen Moment ganz bewusst wahrzunehmen, ohne ihn zu bewerten.
Ein Beispiel: Sie sitzen mit Ihrer Familie in der Eisdiele und konzentrieren sich voll und ganz auf den Geschmack des Eises. Dabei achten Sie darauf, dass Ihre Gedanken nicht zu sehr abschweifen.

7. Ständige Sorgen schützen Ihr Kind nicht, weniger Sorgen schaden ihm nicht.

Manche Eltern denken unbewusst, dass sie durch Sorgen verhindern können, dass ihrem Kind etwas zustößt. In den meisten Fällen stimmt das nicht. Der Sohn von Frau R. wäre auch dann vom Fahrrad gefallen, wenn Sie im Vorhinein viel darüber nachgedacht hätte. Und sein Bruder ist nicht vom Fahrrad gefallen, obwohl sie sich im Vorfeld keine Sorgen gemacht hat.

Wenn es für die Wahrscheinlichkeit, dass Ihrem Kind etwas passiert oft gar keine Rolle spielt, wie viele Sorgen Sie sich machen, dann machen Sie sich doch lieber weniger.

Angstbewältigung ist ein Lernprozess

Sie haben nun einige Möglichkeiten kennengelernt, einen guten Umgang mit Ihren Ängsten und Sorgen zu finden. Dabei geht es immer darum, neue Denk- oder Verhaltensweisen zu entwickeln. Das ist oft gar nicht so leicht, vor allem am Anfang:

Wenn wir etwas Neues lernen, knüpft unser Gehirn neue Verbindungen. Sie können sich das wie Straßen vorstellen, die neu gebaut werden. Aus Ihren Angst- und Sorgengedanken ist mit der Zeit eine große Autobahn entstanden. Allerdings passt unser Gehirn sich an, je nach dem, wie es genutzt wird. In der Wissenschaft spricht man von „neuronaler Plastizität“. Dieses Video veranschaulicht das Prinzip sehr gut:

Das bedeutet: Auch aus neuen Denkgewohnheiten kann eine Autobahn werden, die irgendwann so groß ist, dass sie die alte zurückdrängt.

Wenn Sie Ihre Ängste überwinden möchten, sind daher zwei Dinge besonders wichtig:

  1. Bleiben Sie dabei, damit die neuen Gewohnheiten sich verfestigen.

  2. Seien Sie geduldig mit sich, denn Veränderungen brauchen Ihre Zeit.

Aber Sie sind auf Ihrem Weg nicht allein. Ich hole Sie dort ab, wo Sie gerade stehen und begleite und unterstütze Sie, wann und wo immer Sie es brauchen! Vereinbaren Sie einfach ein unverbindliches Gespräch mit mir.

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